Die Vielfalt des Qigong: Ein Leitfaden zu den verschiedenen Praktiken, Ursprüngen und Zielsetzungen

Wie bereits im Post „Was ist Qigong“ erwähnt, werden unter dem Sammelbegriff Qi Gong zahlreiche Praktiken, Schulen und Methoden zusammengefasst die unterschiedliche Ursprünge und Zielsetzungen haben. Im folgenden werfen wir einen Blick auf einige der verschiedenen Methoden.

Wenn man sich minimal mit der Geschichte und den Ursprüngen von Qigong beschäftigt, fällt einem schnell die Vielzahl von Begriffen auf die früher verwendet wurden um die verschiedenen Methoden zu bezeichnen. Meist weiß man bereits nach dem Verstehen des Namens mehr über die betreffende Methode.

Qigong in Ruhe und Bewegung

Generell kann man in aktives und passives Qigong unterteilen. Ich bevorzuge die Bezeichnung „Qigong in Bewegung“ und „Qigong in Ruhe“ da aktiv und passiv innerhalb der genauen Anleitungen verwirrend sein kann. Die chinesischen Termini sind Donggong (in Bewegung) und Jinggong (in Ruhe). Im Mainstream werden heutzutage vor allem die bewegten Übungsreihen mit Qigong assoziiert.

Die Übungen in Bewegung sind dabei als Training zu verstehen. Diese können, je nach Schule oder Linie, von sanftem Dehnen bis zu intensivem Krafttraining reichen.

Qigong in Ruhe ist Meditation. Diese kann im Sitzen oder Stehen stattfinden, wobei in der Regel Stehen einen höheren Stellenwert als Sitzen hat.

Das Geheimnis der meisten Schulen liegt in der Balance zwischen diesen beiden Ansätzen. Man verbindet das Yin der Meditation mit dem Yang des Trainings. Meditative Achtsamkeit begleitet die Bewegung. Entlang dieses Spektrum zwischen Yin und Yang finden sich alle Methoden des Qigong.

Medizinisches Qigong: Yijiagong

Qigong ist eine der Säulen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Dabei handelt es sich um Übungen die der Praktizierende selbst ausführen kann um gewisse gesundheitliche Probleme zu beseitigen oder um vorzubeugen. Innerhalb dieser medizinischen Qi Gong Übungen gibt es zahlreiche Formen und Methoden die auf ganz bestimmte Leiden oder Krankheiten abgestimmt sind. Diese Methoden braucht man nur anzuwenden wenn der entsprechende Zustand eindeutig diagnostiziert ist. Im Normalfall geschieht dies durch einen Arzt oder Heiler der in der TCM bewandert ist.

Für gesunde Menschen empfiehlt es sich ganzheitliche Formen zu verwenden und nur im Krankheitsfall auf solche spezialisierte Methoden zurück zu greifen. Die Grenze zwischen präventivem medizinischen Qigong und einigen der anderen Praktiken ist fließend.

Spirituelles Qigong

Innerhalb der meditativen Anwendungen des Jinggong (wir erinnern uns Qigong in Ruhe) unterscheidet man die drei großen spirituellen Richtungen Chinas:

Der buddhistische Zugang heißt Fojiagong, der daoistische Daojiagong. Diese beiden Zweige haben zwar verschiedene Ursprünge, beeinflussten sich aber stark gegenseitig, da die Weisen in regem Austausch standen. So finden sich in den Schulen dieser beiden Wege oft ähnliche Ansätze.

Im konfuzianischen Zugang, dem Rujiagong, wird die Formung des Charakters und harmonischer zwischenmenschlicher Beziehungen angestrebt. Ethisches Verhalten steht hier im Vordergrund. Konfuzianisches Qigong wurde wahrscheinlich erst von den Anhängern von Konfuzius entwickelt, da es keine Überlieferungen gibt das dieser selbst Qigong praktizierte.

Gemein in den spirituellen Formen, dass sie nach dem jeweiligen spirituellen Zeil der eigenen Tradition streben. Die körperliche Ertüchtigung ist diesem Ziel untergeordnet.

Allgemein gehen sowohl die Chan Buddhisten als auch die Daoisten davon aus, dass Körper und Geist gemeinsam kultiviert werden müssen, da sie sich gegenseitig beeinflussen. Das Prinzip heißt auf Chinesisch Xingming Shuang Xiu.

Wugong: Kampfkunst – Qigong

Kampfkunst Qi Gong wurde gemeinsam mit den Kampfkünsten überliefert und ist oft eng mit diesen verflochten. Beispielsweise wird Choy Li Fut Kung Fu und 18 Lohan Qigong gemeinsam in der Linie der Chan Familie vermittelt.

Kampfkunst Qigong sind Übungen in Bewegung deren Bewegungsmaterial aus dem Kampfkünsten stammt oder diese ergänzt. Die Bewegungen sind im Regelfall wesentlich intensiver als in den medizinischen Anwendungen und zielen auf Dehnung und Ausbildung der Muskulatur ab. Manche Schulen des Kampfkunst Qigong arbeiten ohne einen meditativen Aspekt in ihrer Praxis.

Die Vielfalt des Qi Gong und

Bereits anhand der oben angeführten Kategorisierung von Qigong Stilen wird klar, dass es sich um ein sehr breites Feld handelt. Bevor das gesamte Feld unter der Begriff Qigong bekannt wurde gab es zahlreiche andere Namen, die von einigen Schulen heute noch verwendet werden. Diese Namen geben einen Hinweis auf die Ziele der Methoden.

Tugu Naxin bedeutet frei übersetzt „Altes ausstoßen und Neues aufnehmen“. In diesen Methoden wird sinnbildlich die verbrauchte Energie abgegeben und mit neuer ersetzt. Tugu Naxin funktioniert anhand der Theorie das Qi uns umgibt und wir es aufnehmen können. In den Übungen verbinden wir uns mit der Natur, Himmel und Erde um von dort Energie aufnehmen zu können.

Xingqi bedeutet „Das Qi fließen lassen. Leider hatte ich bisher keine Gelegenheit eine dedizierte Form aus diesem Bereich zu lernen, daher kann ich hier nicht aus erster Hand berichten. Gleiches gilt für Yangsheng, was „Leben mehren oder vermehren“ bedeutet, während Neigong für „innere Arbeit“ steht.

Die meisten der heute so beliebten bewegenden Formen sind Daoyin. Daoyin bedeutet je nach Übersetzung „Leiten des Qi“ oder „Führen des Qi und Dehnen der Gliedmaßen.“ Dieser letzte Name bezeichnet, meiner Meinung nach, am Besten, worum es in vielen der bewegten Formen geht.

Die beiden Hauptformen mit denen ich im Unterricht arbeite sind Daoyin. Baduanjin ist medizinisches Daoyin. 18 Lohan aus der Chan Linie ist Kampfkunst Daoyin.

Was nehmen wir daraus mit?

Qigong fasst eine große Zahl von verschiedenen Methoden und Praktiken zusammen. Dies führt oft zu Verwirrungen und Diskussionen innerhalb und ausserhalb der Qigong Gemeinschaft.

Die meisten dieser Diskussionen begründen sich darin, dass Anhänger oder Gelehrte verschiedener Traditionen miteinander sprechen und die Materie nur durch den eigenen Filter betrachten. Das ist verständlich, da eine Lebzeit nicht ausreicht um alles Qigong zu erfassen, geschweige den in der Praxis anzuwenden.

Bevor man jedoch eine Art des Qigong verteufelt, weil sie sich nicht mit dem deckt was man gelernt hat, sollte man hinterfragen ob es sich nicht um eine der anderen Schulen handelt, die vielleicht eine ganz andere Zielsetzung hat.

Unabhängig davon, gibt es in jeder Schule gute und schlechte Lehrer und es mag sein, dass Wissen verloren ging. Das fällt aber schnell auf, wenn Lehrer Fragen nicht beantworten können, oder wollen.

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